Dienstag, 3.7.2001

Landgang im Magdalenenfjord

Wir ankern morgens im Magdalenenfjord, im strahlenden Licht der Sonne kann ein eindrucksvoller Gletscher beobachtet werden. Nach einem ausgiebigen Frühstück werden die Zodiacs herabgelassen. Wir werden instruiert, an Land nichts fortzunehmen bzw. Müll zu hinterlassen, was für uns selbstverständlich ist. In der Arktis findet praktisch keine Verwitterung statt, da die Kälte alles konserviert. Da man großen Wert auf Sicherheit bzgl. Eisbären legt, geht keine Gruppe ohne bewaffneten Führer an Land. Die Polar Bears - Könige der Arktis - können manchmal unvermutet angreifen, obwohl sie im allgemeinen eher nur neugierig sind und teilweise recht kuriose Dinge anstellen: Wir haben gehört, dass ein Bär aus einer Hütte, in der er sonst nichts beschädigte, lediglich den zentnerschweren Ofen ins Freie getragen hat. Ein anderer Bär wurde beobachtet, wie er in einem gerade verlassenen Zeltlager mit der Pfote fest auf jeder Zelt klopfte, wahrscheinlich nur, um die Leute zu erschrecken. Trotzdem sind die Bären, die streng geschützt sind, sehr gefährlich, und man wird überall mit Sicherheitshinweisen geradezu überschüttet.

Wir wandern etwa 3 km um eine Bucht, und ein großer Gletscher zeigt sich in voller Pracht. Wir können bis auf 100 m herankommen, dann versperren wilde Bäche den Weg. Außerdem ist es gefährlich: Wenn ein Gletscher ins Meer kalbt, können recht hohe Flutwellen entstehen. Wir hätten sogar in Kauf genommen, etwas nass zu werden, aber das Schauspiel bleibt uns verwehrt. Unser Führer Eiler, der uns auf der gesamten Tour begleiten wird, berichtet, dass man oft nach 15 - 30 Min Beobachtens zurück geht, um es dann (und erst dann ...) hinter der Biegung tosen zu hören. Wir sehen noch ein paar Gräber aus der Walfänger- und Polexpeditionszeit und machen uns zur Abfahrt bereit.

Inzwischen ist - selten zu dieser Jahreszeit - wolkenloser Himmel und es wird sehr warm, da auch der kalten Wind nicht in den Fjord gelangt. Das kann man nutzen, um sich ein wenig in luftiger Kleidung zu sonnen. Nach dem Mittagessen fahren wir durch den Smeerenburgfjord - 3 gigantische Gletscher vereinigen sich und münden ins Meer. Nur Fotos können diese Schönheit beschreiben.

Vorsichtig steuert der Kapitän durch recht große Eisberge, die im Wasser treiben. Auch hier bleibt uns eine große Kalbung verwehrt, ein paar kleinere Eisbrocken lösen sich in der Mittagswärme und fallen Fontänen versprühend ins Meer.

Nach der Weiterfahrt wird bereits der nächste Landgang geplant. Doch als wir die anvisierte Insel erreichen, geistert ein Ruf durchs Schiff: "Polar Bears!!!!" Tatsächlich sehen wir zwei Eisbären an der Küste herumtrollen. Der Kapitän steuert das Schiff langsam an der Küste vorbei, die Bären verziehen sich bald in die Geröllhalden außer Sichtweite. Da es nun für einen Landgang zu gefährlich ist (und um die Bären nicht zu stören), setzen wir die Fahrt mit dem Schiff langsam fort, auf der Suche nach weiteren Bären. Nach dem Umschiffen einer weiteren Insel ist uns das Glück wirklich hold.

Zwei Eisbären laben sich an einem gestrandeten Beluga (Zwergwal). Sie lassen sich nicht von dem bis auf 100 m herangekommenen Schiff bei der Mahlzeit stören. Wir haben fast 10 min Zeit, die Bären zu fotografieren, bevor das Schiff Richtung Norden steuert. Nach ein paar Tagen erfahren wir, dass eine andere Reisegruppe hier später sogar 10 Bären beobachten wird ...

Blick nach Norden am 80.Breitengrad

Es folgt das einzige enttäuschende Ereignis auf dieser Reise: Wir fahren auf der Arktis Richtung Nordpol, um den 80. Breitengrad zu überqueren. Normalerweise ist in dieser Gegend zumindest Drifteis und die Packeisgrenze nicht fern. Nach diesem warmen Winter ist jedoch bis zum Horizont nicht das kleinste bißchen Eis zu sehen. Bei Sonne und etwa 1000 km zum Nordpol stoßen wir mit Sekt auf den nördlichsten Punkt unserer Tour an.

 

 

 

 

Der Kapitän wendet, um Raudfjorden anzusteuern. Wir genießen behagliche Wärme im Schiff, 3 Tage im Zeltlager bei 79° 44‘ liegen vor uns. Der Fjord beindruckt durch zahlreiche Gletscher, die wir in den nächsten Tagen oft mit lautem Krachen kalben hören. Unser Camp liegt auf einer leichten Anhöhe im Nordosten des Fjords, neben einem See. Mit Zodiacs wird unser Gepäck und der Proviant für die nächsten Tage an Land gebracht. Unsere Vorgänger im Camp nehmen unsere Plätze im Schiff ein. Wir werden gewarnt, Gummistiefel anzuziehen. Wirklich - wir müssen über ein paar notdürftige Bretter eine Lagune überqueren, mit schwerem Gepäck, was wir jedoch ohne Panne meistern.

Das Lager besteht aus einem Gemeinschaftszelt, Feuerstelle, Toilettenzelt, sowie etwas abgelegen unsere Schlafzelte. Abgelegen deshalb, weil Lebensmittel die Bären am meisten locken. Die Vorsichtmaßnahmen in bezug auf Bären sind enorm: 2 Personen halten immer Wache, wir sind mit Signalpistolen und Gewehren komplett ausgestattet. Die zwei Polarhunde Inuk und Blacky unserer Führers Eiler sollen zusätzlich warnen. Es gilt, Bären früh zu sehen und mit Knallpistolen zu vertreiben. Die Tiere werden bis zu 800 kg schwer und können bis zu 60 km/h schnell laufen. Wird man angegriffen (und nur dann) braucht man sogar eine großkalibrige Waffe um das riesige Tier zu stoppen. Doch Eisbären sind strengstens geschützt und jeder Fall wird eingehend untersucht, ob wirklich Notwehr vorlag.

Blick vom Camp auf den Raudfjord

Es ist wolkenverhangen an diesem Abend, die Sonne will sich nicht zeigen. Nach weiteren Instruktionen (man darf sich nie ohne Signalpistole außerhalb des Camps bewegen und dieses nie alleine verlassen) gehen wir schlafen. Mein Schlafsack, für - -10 Grad ausgelegt - ist für das Zelt, das in den nächsten Nächten sonnenbeschienen ist, viel zu warm. Auch im Zelt ist es warm, obwohl die Außentemperatur gleichbleibend etwa 5 Grad beträgt. Typisch arktisch ist der eiskalte Wind, von Nordosten und somit direkt vom polaren Packeis her blasend, der auch in den folgenden Tagen selten pausieren wird.

Fortsetzung auf Seite 3